(Matthias Schreiber auf qpress - zugelassen beim Ministerium für Staatssatire) Junge, Junge, Junge … da haben wir jetzt aber ein Thema erwischt, das so oder so nur in die Hose gehen kann. Die einen wollen ein wenig Verstümmelung im Namen der Religionsfreiheit erlauben, die anderen sehen die körperliche Unversehrtheit von Kindern als das höhere Gut und wollen ein Verbot. Da hat das Landgericht Köln unter dem Aktenzeichen Az. 151 Ns 169/11 ein wegweisendes Urteil gesprochen, ganz im Einklang nicht nur mit deutschem Recht: Der Körper des Kindes werde durch die im Islam und Judentum verbreitete Beschneidung „dauerhaft und irreparabel verändert und läuft dem Interesse des Kindes, später selbst über seine Religionszugehörigkeit entscheiden, zuwider.“ Und eine Körperverletzung ist dieser Eingriff allemal. Jetzt fühlen sich alle Seiten am Schwanze gepackt und suchen nach Rechtfertigungen die ein Für und Wider begründen könnten.
Muslime und Juden fühlen sich gleichermaßen angegriffen, weil ihnen eine alte religiöse Tradition genommen werden soll. Aber eines ist sicher, die Beschneidung bleibt … entweder die der Jungs oder aber die der vermeintlichen Rechte ihrer Eltern. Jetzt geht es nur noch um die Frage was wertvoller und schützenswerter ist. Was passiert eigentlich wenn man in dieser Sache nachgibt und die Religion über geltendes Recht stellt? Das Bild zum Artikel haben wir bewusst ausgewählt, damit nicht nur das Lesen, sondern auch das Hinsehen richtig wehtut, für jeden der es ansatzweise nachempfinden mag.

Afrikanischer Verband der Medizinmänner pocht auf Gleichsetzung von Mädchenbeschneidungen

Das ist zwar noch nicht passiert, weil dieser Verband in der Regel gar nichts von solchen Dingen erfährt, denn die Kommunikationsmöglichkeiten im tiefsten Afrika sind trotz der modernen Zeit eher noch bescheiden. Aber auch sie könnten sich auf Tradition, Ritual und Glauben berufen. Und ja, da werden vielfach auch heute noch die Mädchen beschnitten, ergo könnte man dies hier gleich mit legalisieren wenn es den Jungs künftig mit gesetzlichem Extra-Segen an die Vorhaut gehen sollte. Vor dem Gesetz sollen ja alle Menschen gleich sein, sagt man und da muss man nicht unbedingt nach graduellen Unterschieden bei der Verstümmelung suchen.

Die Motive des Gesetzgebers

Einige Politiker mahnen den Gesetzgeber (also den Bundestag) zur Eile, die Causa Vorhaut schnell zu regeln, diese Frage könne man nicht unbeschnitten unentschieden im Raume stehen lassen, es bedürfe der gesetzgeberischen Regulierung. Andere wiederum wollen von Überstürzung nichts hören und mal in Ruhe darüber nachdenken. Sollte also der Gesetzgeber vor den Interessengruppen einknicken und die Beschneidung hier in Deutschland legalisieren, die Religion über die körperliche Unversehrtheit von Schutzbefohlenen stellen, so könnte Deutschland gleich mehrfach sein Ansehen bei Juden und Muslimen aufbrezeln und ein feines Geschäft würde auch noch winken, weil Deutschland dann das erste Land mit einer expliziten Legalisierung solcher Körperverletzungen wäre.
Auch wenn es sich nur um eine Gefälligkeit gegenüber einer Gruppe handeln sollte, also aus einem Schuldkomplex heraus, wir wären auch damit wieder einmal führend. In andern Ländern wird es, ähnlich wie in Deutschland bislang auch, nur stillschweigend geduldet, nach dem Motto, wo kein Kläger, da kein Richter. In Deutschland fand sich erstmals ein Kläger und schon haben wir wieder die „Arschkarte“.

Weltweiter Beschneidungstourismus nach Deutschland

Deutschland hat hervorragende Mediziner und könnte dann legal allen Jungs, ganz nach dem Willen ihrer Eltern und ihres Gottes oder Kultes, die Vorhaut für den göttlichen Zweck vom elenden Lustknüppel abschneiden. Noch um ein paar wohltuende Doktorarbeiten ergänzt, warum und weshalb es sich ohne Vorhaut besser und gesünder leben soll und schon könnten wir die Beschneidung der Welt in Deutschland ganz legal bewerkstelligen.
Für unsere „medizynischen“ Fähigkeiten bekannt, würden wir natürlich mit deutscher Gründlichkeit und Sterilität das Geschäft betreiben. Und wie schon gesagt, damit es auch ein lohnendes Geschäft wird, sollten wir vor den Mädchen nicht halt machen, da gibt es sogar noch mehr zu machen. Klitoris abschneiden, innere und äußere Schamlippen abschnibbeln, Scheide zunähen … natürlich alles nur für Kult und Gott, eben den guten Brauch zu pflegen. Hoch lebe der Umsatz.

Türöffner für anderweitige religiös motivierte Verstümmelungen

Wenn also diese Form der Verstümmelung ein gottgefälliges Werk sein soll und wir uns bemüßigen diesen Ritus über unsere sonstige Gesetzlichkeit zu stellen, dann können wir darauf warten dass der Vatikan wieder um die Ecke kommt und diesen Hebel auch nutzen möchte. Die Hexenverbrennungen könnten nachträglich in einem erheblich günstigeren Licht für die Kirche erscheinen, da ja auch nur gottgefällig. Selbst „Heilpeitschen“ dürfte im Abendland noch eine Renaissance erleben wenn erst einmal göttliches Bewusstsein wieder über die menschliche Gesetzgebung dominiert. Die Aufreihung vieler weiterer Elemente, die bereits während der Inquisition zur Blüte kamen, ersparen wir uns an dieser Stelle, aber auch die galten schon als religiös / göttlich motiviert und alles nur zum Heil der Menschen.

Was Gott wohl in dieser Sache gewollt haben könnte

Wenn wir schon bei der Religion angekommen sind und uns dieser hingeben möchten, dann sollten wir die Fragestellung einmal ein wenig umdrehen. Gott schuf den Mann. Der musste schon zu Beginn eine Rippe lassen um zu seiner Eva zu kommen. Wir stellen heute auch nicht die Frage danach, was Adam wohl bekommen hätte, hätte er ein Bein anstelle der Rippe „geopfert“, dies ist jetzt völlig nachrangig. Wir stellen die Frage danach, was bekommt ein Junge für seine Vorhaut? Ganz ehrlich, es ist nicht bekannt welche Gegenleistung Gott dafür in Aussicht stellte und an welcher Stelle er explizit die Vorhaut der Jungs einforderte.
Wäre aber doch Gott auf die Vorhaut des Mannes so scharf gewesen, dann sollten wir uns sicher sein, er hätte die schon bei der Erschaffung dieses Geschlechts ausgelassen und für sich behalten, denn zweckloses, so sagt man, habe Gott noch nie erschaffen. Und wo nun der Sinn sein soll, etwas wegzuschneiden was doch Gott höchstselbst gleich mit erschaffen hat, da dürfte es dann absurd werden. Und wäre Gott tatsächlich auf Vorhäute scharf gewesen, so hätte er diese sicherlich auch in Serie irgendwo wachsen lassen können, wie wir es heute mit den Küken in einem Hühner-KZ tun oder mit anderen Kleinigkeiten in der Petrischale.
Ergo sollten wir doch Gott und seinen Willen bei diesen Verstümmelungsaktionen besser außen vor lassen, denn es riecht geradezu wieder nach menschlicher Willkür und einer Art Gruppenzwang, wo sich eine Gruppe gegen die andere abgrenzen möchte und sei es eben nur durch eine abgeschnittene Vorhaut, die man Gott dann wieder in die Schuhe schiebt.

Es gibt bereits ein Völkerrecht, das diesen Wahn stoppen sollte

Damit kommen wir zum eigentlichen Kern der Geschichte, der hoffen lässt, dass auch diese Praxis, sofern sie beim BVerfG ankommt, dort tatsächlich ein Ende findet. Bekanntlich geht ja auch das Völkerrecht dem Grundgesetz noch vor. Genau dort können wir fündig werden. Es gibt eine UN-Kinderrechtskonvention (hier als PDF zum nachlesen), da ist unter Artikel 24 (3) bereits folgendes ziemlich eindeutig bestimmt:„Die Vertragsstaaten treffen alle wirksamen und geeigneten Maßnahmen, um überlieferte Bräuche, die für die Gesundheit der Kinder schädlich sind, abzuschaffen“. Kurz und knapp. Jeder Eingriff in Leib und Leben, sofern nicht der Abwehr einer gesundheitlichen Gefahr dienend, ist ein zusätzliches und unnötiges Risiko für die Gesundheit von Kindern. Nachweislich kommt es auch immer wieder zu Todesfällen und anderen schweren Komplikationen nach solch fragwürdigen wie unnötigen rituellen Eingriffen.
Dies bedeutet, sofern das BVerfG den zitierten Vorrang ernst nimmt und auch das erwähnte Stück Völkerrecht anerkennt, dann sollte mit solchen Verstümmelungen, wenigstens in Deutschland, Schluss sein. Andere Länder scheinen dem Völkerrecht in dieser Hinsicht wenig Beachtung zu schenken. Bleibt also abzuwarten ob wir auch kollektiv wegsehen möchten und Bürger wie Gäste Deutschlands in dieser Frage schalten und walten können wie ihnen beliebt, also auch weiterhin unter Missachtung des geltenden Völkerrechts (Kinderrechtskonvention) sich an den Leibern der Kinder vergreifen.

Religionsfreiheit und selbstbestimmtes Leben

Kein Gesetz der Welt verbietet es einem volljährigen Menschen sich diesbezüglich für seinen Gott und seinen Glauben verstümmeln zu lassen, sofern er dies für sich persönlich als notwendig oder hilfreich erachtet. Die Beschneidung minderjähriger Kinder ist eine Vorwegnahme bezüglich der Religionszugehörigkeit und neben der Körperverletzung also auch noch eine Stigmatisierung der Person, insbesondere wenn diese sich später gerne zu einer anderen oder gar keiner Religion bekennen möchte. Also lauert neben dem Vorwurf der Körperverletzung auch noch der, im Vorhinein in eine Religionsgruppe gepresst worden zu sein, da die Stigmatisierung schon im Kindesalter unter den Augen des Gesetzes und im Zweifel sogar gegen einen späteren Willen des Kindes vollzogen wird.